Ein Welpe zieht ein!

Von Anfang an gewusst wie!

von Brigitte Zwengel

Die Vorfreude war groß und nun ist das neue Familienmitglied endlich im neuen Zuhause angekommen!

Die erste Zeit mit einem Welpen kann eine wunderbare Erfahrung für Mensch und Hund sein. Du freust dich bestimmt schon darauf, mit deinem neuen Gefährten eine tolle Beziehung aufzubauen. Vielleicht bist du auch schon etwas aufgeregt oder hast sogar Bedenken, etwas falsch zu machen. Tatsächlich kann man direkt von Anfang an schon Vieles in die richtigen Bahnen lenken, damit unerwünschtes Verhalten (wie zum Beispiel Hochspringen, Wadenbeißen, an der Leine zerren, übermäßiges Bellen und viele andere Verhaltensweisen) gar nicht erst entsteht.

Was auf dich zukommt…

Die erste Zeit kann allerdings auch eine Herausforderung und harte Arbeit für dich und für dein Umfeld sein. Ein Welpe muss regelmäßig raus, um sich zu lösen (sich zu ›erleichtern‹ ) – auch in der Nacht. Welpen werden leider häufig von Durchfällen geplagt. Doch selbst, wenn das nicht der Fall sein sollte, ist ein gewisser Schlafmangel beim Hundehaltenden nicht unüblich…

Einige Welpen sind richtige Energiebündel und kommen schlecht zur Ruhe. Dann liegt es an dir, dafür zu sorgen, dass dein Welpe nicht völlig ›überdreht‹ und die Ruhezeiten bekommt, die er benötigt, um alle Eindrücke verarbeiten zu können.

Auch brauchen Welpen zu Beginn ständig Gesellschaft und können nicht gut allein bleiben. Stell dich darauf ein, dass dein Welpe dir zu Anfang ständig hinterherlaufen wird, bis er sein emotionales Gleichgewicht gefunden hat und bei dir angekommen ist.

Regulär einem Beruf nachzugehen ist in den ersten Wochen oft nicht möglich. Dafür wirst du aber mit dem Anblick deines süßen Welpen entschädigt, der durch deinen Alltag tapst, sich ganz viele Streicheleinheiten bei dir abholt und mit dir zusammen die Welt entdeckt.

Das Wichtigste ist, dass du mit deinem Welpen eine vertrauensvolle Bindung aufbaust und deinen Welpen dabei unterstützt, selbstbewusst zu werden und zu lernen, mit neuen Situationen gut umgehen und auch in aufregenden Situationen entspannt bleiben zu können. Dann wird dein Hund sich später auch gut in deinem Alltag zurechtfinden.

Die “neun Gebote” für eine gute Bindung

  • du deinen Hund pflegst und dich um ihn sorgst.
  • du seine Bedürfnisse kennst und darauf Rücksicht nimmst.
  • dein Hund die Ruhe und Erholung bekommt, die er benötigt.
  • du auf physische und psychische Gewalt verzichtest.
  • dein Hund auch mal eigene Entscheidungen treffen darf.
  • das Training mit deinem Hund überwiegend auf positiver Verstärkung beruht.
  • dein Hund Spaß hat – gemeinsam mit dir im Alltag und bei euren Trainingseinheiten.
  • du stets liebevolle Konsequenz an den Tag legst und damit für deinen Hund berechenbar bist.
  • dein Hund sich bei dir wohlfühlt und gerne mit dir zusammen ist.

Fair geht immer vor!

Wer im Welpenalter (fast) alles richtig macht, hat im Erwachsenenalter kaum Probleme und die Jugendentwicklung verläuft auch deutlich unproblematischer.

Was Welpen wirklich lernen müssen

An vielen Tagen sind Welpen nur durch unseren Tagesablauf und die damit verbundenen Herausforderungen bereits ausgelastet. Die Lernwelt eines Welpen sollte die folgenden Bereiche beinhalten:

  • Ruhe und Gelassenheit in allen Lebenssituation (Zuhause, Garten, Außenbereich, …)
  • Vertrauensaufbau einer harmonischen Mensch-Hund Beziehung
  • Aufbau einer gemeinsamen Kommunikation und Verlässlichkeit des Menschen zum Hund
  • Erwünschtes Verhalten bestätigen, damit der Hund lernt, was richtig ist (vom Menschen erwünscht). Unerwünschtes Verhalten so nett wie möglich unterbrechen und ein Alternativverhalten abfragen/trainieren
  • Bedürfnisbefriedigung und Umgang mit der eigenen Frustration erlernen
  • Alltagssituationen, Alltagsabläufe, unterschiedliche Umweltfaktoren, wie Umgebungen, Geräusche, verschiedene Untergründe etc.
  • Allen anderen Sozialpartnern und Lebewesen (egal ob Mensch oder Tier) zu begegnen

Wie du siehst, fehlen Signale, wie ,,Sitz“, ,,Platz“, ,,Bleib“ und ,,Fuß“ in der Auflistung. Diese Verhaltensschemen sind nicht elementar in der Welpenzeit. Oftmals verbrauchen diese schon zu viel Energie und Aufmerksamkeit, um die wirklich wichtigen Lebenssituationen zu lernen und für das gesamte Leben eines Hundes aufzubauen.

Der Welpe zuhause

Welpen benötigen jeden Tag bis zu 22 Stunden Schlaf, Ruhe, Entspannung. Nur mit genügend Schlaf kann dein Welpe die vielen täglichen Umweltreize gut verarbeiten. Zu wenig Schlaf führt über kurz oder lang zu einem höheren Erregungslevel und erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass dein Hund später unerwünschtes Verhalten zeigt.

Wie wir Menschen haben auch Hunde ein Bedürfnis nach Privatsphäre – nach einem Rückzugsmöglichkeit, in dem sie sich entspannen können und in dem sie ungestört sind. Gerade Hunde, die frisch in einen Haushalt eingezogen sind, profitieren davon und entwickeln meist ein ausgeglicheneres Wesen, wenn sie bei Bedarf eine Ruhezone aufsuchen können.

Die Zone hilft deinem Hund, sich zu entspannen, so muss er dir auch weniger in der Wohnung hinterherlaufen. In dieser Zone wird dein Hund so beschäftigt (mit einer Schleckmatte, einem Schnüffelteppich oder einem gefülltem KONG®), dass die Örtlichkeit mit emotionalem Wohlbefinden mir dir – aber besonders auch ohne dich – verbunden wird. Befindet sich dein Hund in dieser Zone, darf er dort entspannen und Erwachsene wie auch Kinder halten Abstand zu der Zone.

Generell benötigen Welpen Ruhezeiten bis zu 22 Stunden! Diese natürlich nicht am Stück - aber Summe über den Tag verteilt. 

Artgenossen treffen

Hunde sind soziale Wesen und benötigen Sozialkontakte – was aber nicht heißt, dass diese Kontakte Hundekontakte sein müssen! Für die meisten Hunde ist der Mensch der wichtigste Sozialkontakt. Sollte also dein Hund kein Interesse an anderen Hunden haben, ist das völlig in Ordnung und zwinge ihn auch nicht dazu.

Eine gute Sozialisation beim Welpen entsteht, wenn es möglichst viele positive, ruhige und entspannte Begegnungen mit Artgenossen geben kann und der Welpe die Artgenossen lesen lernen kann. Dabei sollte der Welpe die folgenden Grundbedingungen erhalten:

  • Oberste Regel überhaupt: Ein Nahkontakt ist überhaupt nicht nötig und vor allem kein MUSS!
  • Dein Welpe hat die Möglichkeit, mit Abstand und in Ruhe die Situation zu analysieren
  • Du reagierst auf die Kommunikation deines Welpen und unterstützt ihn bei seinen Entscheidungen
  • Dein Welpe darf Schutz bei dir suchen
  • Dein Welpe entscheidet über die Distanz zum Artgenossen und wird nicht verpflichtet, am nahen Kontakt teilzuhaben
  • Dein Welpe darf jederzeit die Situation verlassen
  • Du unterbrichst den Nahkontakt, wenn dein Welpe körpersprachlich ein Unwohlsein ausdrückt
  • Dein Welpe hat zu Beginn maximal zu einem weiteren Hund gleichzeitig Nahkontakt. Mehrere Hunde auf einmal können deinen Welpen schnell überfordern.

Es ist viel wichtiger, dass dein Welpe auf eine geeignete Distanz Artgenossen kennen lernt, sich langsam hündisch (in Bögen) annähern kann und die Mimik, Körperhaltung, den Geruch und die Bewegungen, sowie die Reaktionen des Gegenübers lesen lernt.

Dein Welpe erhält über seine Nase viele Informationen über den anderen Hund und kann im Zusammenhang mit der Mimik und Körperhaltung des Artgenossen einen positiven sowie aber auch negativen Kontext abspeichern.

Das Nachschnüffeln, dort, wo der andere Artgenosse vorher war, ist aus diesem Grund auchso enorm so wichtig.

Sozialisation

Wichtig in der Welpenzeit ist es, das Hundehirn auf Entspannung und Gelassenheit zu trainieren und nicht auf ständige Erregtheit. So wird dein Hund auch im Erwachsenenalter recht entspannt mit aufregenderen Situationen umgehen können. Also mache dir keinen Stress, dass dein Welpe dies und jenes nicht sofort kennengelernt hat. Um später z.B. beim Tierparkbesuch entspannt bleiben zu können, muss es der Hund nicht im Welpenalter kennengelernt haben. Also stresse dich nicht, sondern gestaltet euren Alltag so, dass dein Welpe ihn gut bewältigen kann.

Sozialisation findet ein Leben lang statt! 

Umgang mit unerwünschtem Verhalten

Generell bietet dir dein Hund von Anfang an schon ganz viel gutes Verhalten an. Dieses kannst du immer und überall belohnen, verbal und/oder auch mit einem Leckerli. Und vor jedem unerwünschten Verhalten kommt viel gutes Verhalten, welches du belohnen kannst. So fällt dein Hund gar nicht erst in unerwünschte Verhaltensweisen und lernt ganz schnell, welches Verhalten du von ihm haben möchtest. Generell muss dein Hund ja erstmal lernen, was von seinem Verhalten, welches er dir gewünscht ist und was nicht.

Sollte es doch dazu kommen, dass er etwas tut, was du nicht möchtest, so unterbrich es so nett wie möglich und biete ihm eine Alternative an. Folgendes Grafik verdeutlicht die Handlungsweisen:

Brigitte Zwengel – FAIRBINDUNG MENSCH HUND. Auszug aus “Dein Welpe und Du…”

Mit diesem Rüstzeug, wird Etliches schon in gute Bahnen gelenkt und wir wünschen dir eine tolle erste Zeit mit deinem Welpen!

Die Autorin Brigitte Zwengel

Brigitte wohnt mit ihrem Mann, drei Hunden, einer Katze und elf Hühnern im schönsten Dörfchen Nordhessens.

Sie betreibt die Hundeschule FAIRBINDUNG mit Standorten in Homberg/Efze und Alheim/Rotenburg.

Ihre Schwerpunkte sind das Welpen-/ & Junghundetraining, Alltagstauglichkeit, Begegnungstraining, Verhaltenstraining bei unerwünschtem Verhalten und Alleinbleibtraining. – alles ist auch online möglich.

Im September 2022 ist ihr Leitfaden “”Dein Welpe und Du…” erschienen und vermittelt die wichtigsten Grundlagen im Zusammenleben von Mensch und Hund und hilft, vom ersten Moment an alles richtig zu machen. Gut strukturiert konzentriert sich das Buch auf die häufigsten Probleme, die im Alltag mit einem Welpen auftreten. So wird es zu einem idealen Begleiter für die ersten Wochen und Monate, da viele Themen behandelt werden, die nur selten Bestandteil von Welpenkursen sind.

Weitere Informationen dazu findest Du auf Brigittes Website. Direkt zu beziehen ist der Welpenleitfaden hier.

Copyright Fotos: stock.adobe.com, Brigitte Zwengel