Körpersprache Hund – eine spannende Fremdsprache!

Unsere Hunde kommunizieren zu einem sehr großen Teil über ihre Körpersprache. Im Gegensatz zu uns Menschen sind sie da wahre Experten – sowohl im Senden als auch Empfangen von Nachrichten, vor allem unter Gleichgesinnten.
Lautäußerungen nutzen sie dabei eher weniger. Klar, sie bellen, knurren und fiepen auch.
Aber viel aussagekräftiger ist ihre Körpersprache, die uns – einmal in unseren Fokus gerückt – viele Hinweise darauf gibt, welche Bedürfnisse und Motivationen unser Hund gerade hat und wie es ihm geht.

In diesem Artikel möchte ich dir eine grobe Übersicht geben. Wenn du tiefer ins Detail einsteigen möchtest, dann klick gerne die Verlinkungen im Text an. Da ich weiß, dass es häufig Probleme in Hundebegegnungen gibt und wir da zwangsläufig (mindestens) zwei Muttersprachler beobachten können, werde ich dir einiges anhand dessen erklären. Viele Dinge gelten aber natürlich auch im Mensch-Hund-Kontext oder anderen Situationen.

Schlagzeilen der Körpersprache

Es gibt die sogenannten Schlagzeilen. Das sind körpersprachliche Details, die dir sehr schnell einen Überblick geben, wie die Hundebegegnung weitergehen wird – schlichtweg, weil du sie sehr gut wahrnehmen kannst – sowohl bei deinem als auch beim andern Hund. Sie sind sehr gut sichtbar für uns Menschen – unabhängig von Größe, Fellbeschaffenheit und sonstigen Besonderheiten unserer Hunde.

Natürlich ist es schwierig „mal eben auf die Schnelle eine Prognose“ für eine kommende Situation abzugeben!

An den Schlagzeilen kannst du aber schon mal festmachen, ob die Begegnung wohl eher entspannt oder, für mindestens einen der beiden Hunde, angespannt ablaufen wird. So hast du für dich schon mal einen Anhaltspunkt, ob ein Direktkontakt Sinn macht oder eben nicht. Denn umso höher die Anspannung bei den beteiligten Hunden, umso wahrscheinlicher ist es, dass der Kontakt eher weniger schön für die Hunde wird. Und ich denke, das siehst du ähnlich wie ich, eine Begegnung macht für unsere Hunde eigentlich nur Sinn, wenn sie sich dabei wohlfühlen.

Blickkontakt

Eine dieser Schlagzeilen ist der Blickkontakt. Diesen kannst du bereits beim ersten Wahrnehmen des Gegenübers sehen und anhand der Dauer festmachen, ob ein Kontakt entspannt oder eher unentspannt ablaufen wird.

Es gibt da eine Faustregel: Ein Blick der länger als zwei Sekunden anhält, der wirkt schnell bedrohlich beim Gegenüber und soll diesen in der Regel in der Annäherung stoppen oder diese zumindest verändern. Zudem ist die Aufmerksamkeit des guckenden Hundes voll bei dem Anderen und die Wahrscheinlichkeit, dass er dort auch hingeht, sehr groß. Hast du einen Hund, der auch schon mal bellend in der Leine hängt, dann ist dieser erste andauernde Blickkontakt ein Signal für dich, dass es hier sehr wahrscheinlich wieder in einem Bellen deines Hundes enden wird.

Nehmen sich zwei Hunde wahr und beide können entspannt in die Situation gehen, wirst du immer wieder kurze Blickkontakte sehen, in Kombination mit Blickabwenden und z.B. schnüffeln am Wegrand oder auch dem Setzen einer Urinmarkierung.
Körperachsen

Eine weitere Schlagzeile ist die Ausrichtung der Körperachsen – also wie die Hunde zueinanderstehen bzw. aufeinander zulaufen. Die konfliktreichste Annäherung sehen wir bei einer frontalen Ausrichtung – also wenn die Hunde ihre Körper aufeinander ausrichten und ggf. so sogar noch aufeinander zulaufen.

Und wenn du dir jetzt mal Hundebegegnungen in deinem Alltag vorstellst, wenn du mit deinem Hund (angeleint) spazieren gehst, dann wird der auffallen, dass wir gerade in Begegnungen sehr häufig aufeinander zulaufen und damit eine frontale Ausrichtung schnell auch durch uns Menschen bedingt, geschieht. Schlichtweg, weil wir unseren Hund z.B. an der Leine gerade auf das andere Mensch-Hund-Team zuführen.

Diese frontale Ausrichtung – oft in Kombination mit einem direkten Blickkontakt – wirkt wieder bedrohlich auf den Entgegenkommenden und soll auch hier die Annäherung stoppen bzw. verändern. Ein angespannter Direktkontakt ist hier also sehr wahrscheinlich.

Siehst du jedoch eine Annäherung im Bogen, oder seitlich versetzt – ggf. auch von hinten (nach einem Bogen) – dann deutet das darauf hin, dass ein entspannter Direktkontakt möglich ist. Eine Garantie hast du natürlich nie – aber ich denke, das ist auch irgendwie logisch. Wir haben es hier mit individuellen Lebewesen zu tun, die alle ihre Lernerfahrungen gemacht haben und entsprechend reagieren.

Annäherungsgeschwindigkeit

Und die für mich letzte „große“ Schlagzeile, ist die Annäherungsgeschwindigkeit. Also in welchem Tempo sich der Hund dem andern annähert.
Es gibt Hunde, die bleiben mehr oder weniger lange reglos stehen, sobald sie einen anderen Hund – oder bestimmten Hundetypen – erblicken. Empfinden sie das Gegenüber als Bedrohung, spricht man vom sogenannten „Freeze“ – also einem einfrieren. Dabei nimmt das Gehirn die Bedrohung wahr und befindet sich in einem Konflikt, weil es in dem Moment nicht entscheiden kann, wie es reagiert. Dadurch wird ein weiteres Verhalten erstmal „blockiert“ und der Hund ist – je nach Intensität – handlungsunfähig. Dass so ein Hund nicht entspannt in die Begegnung „gehen“ kann, ist logisch, oder?

Und dann gibt es die Hunde, die einen anderen wahrnehmen, ihre Geschwindigkeit drosseln, der Kopf und die Rute werden auf Höhe der Rückenlinie abgesenkt und der Hund läuft „lauernd“ auf den anderen Hund zu. Manche Hunde legen sich dabei dann sogar hin.

Auch dies ist wieder eine Annäherung, die den Anderen stoppen möchte oder die Annäherung verändern möchte – je nach Situation möchte der so drohende Hund das Gegenüber aber sogar vertreiben und so Distanz herstellen.
Kommt euch so ein Hund entgegen, wirst du ab einer gewissen Distanz, wenn die aufgrund der Drohung für deinen Hund zu eng wird, häufig erleben, dass dein Hund bellend und abwehrend nach vorne springt. Das kann unter Umständen sogar schon in relativ großer Distanz stattfinden, einfach weil aufgrund der Drohung die Individualdistanz deutlich größer sein muss, damit sich dein Hund noch wohlfühlen kann.

Die Hunde, die ganz schnell zum anderen Hund hinrennen wollen, gibt es natürlich auch. Da wird ein anderer Hund erblickt und man möchte möglichst schnell dorthin. Deswegen geschieht die Annäherung dann meist in sehr hohem Tempo und frontal bzw. gerade drauf zu, weil das eben der kürzeste und somit schnellste Weg.
Egal, wie freundlich die Absichten dahinter sind, für den anderen Hund ist das – vor allem in einer Fremdhundebegegnung – erstmal immer bedrohlich und dementsprechend geht die Anspannung hoch.

„Optimal“ ist es, wenn die Hunde sich wahrnehmen und die Annäherungsgeschwindigkeit „normal“ bleibt. Die Bewegungen sind dabei weich und fließend, der Körper kurvig und die Annäherung z.B. in einem kleinen Bogen stattfindet. Der Blick wird dabei immer wieder abgewendet. Daran erkennst du, dass die Hunde entspannt bzw. neugierig/aufmerksam in die Begegnung gehen.

Stress

Neben den Schlagzeilen gibt es weitere Signale, die man auf dem Schirm haben sollte, wenn man hündisch verstehen möchte.
Im Zusammenleben mit unseren Hunden ist es wichtig, dass du Stressanzeichen auf dem Schirm hast. Stress zeigen unsere Hunde ganz individuell und natürlich gehört Stress zum Leben dazu. Du solltest jedoch im Hinterkopf haben, dass ständiger Stress auf Dauer krank macht. Und ein weiterer ganz wichtiger Punkt, umso gestresster/angespannter dein Hund durchs Leben läuft, umso schneller zeigt er auch für dich unerwünschtes Verhalten.

Umso angespannter ein Hund ist, umso reaktiver ist er dann auch unterwegs. Denken und ruhiges, überlegtes Verhalten fällt dann natürlich schwerer oder ist gar nicht mehr möglich.
Sollte dein Hund also viel und häufig Stressanzeichen zeigen, macht es großen Sinn, an Entspannung zu arbeiten und ihn gezielt zu unterstützen.
Eine kleine Auswahl von Stressanzeichen siehst du in dieser Zeichnung.

Meideverhalten

Außerdem solltest du erkennen, wenn dein Hund etwas nicht möchte. Und damit ist nicht gemeint, dass er bellend und knurrend irgendwo steht – dann liegt es klar auf der Hand und wird von den meisten Menschen verstanden. Meist zeigen Hunde im Vorfeld schon viele feine Signale, wenn ihnen etwas nicht behagt bzw. sie etwas nicht möchten.

Das sogenannte Meideverhalten gibt dir erste Hinweise. Beachtest du diese, muss dein Hund in der Regel nicht deutlicher werden und auf der Eskalationsleiter weitere Schritte nach oben gehen.
Natürlich weiß ich, dass es Situationen gibt, wo ein Nein deines Hundes nicht beachtet werden kann – aber das sind hoffentlich bei euch die absoluten Ausnahmen.

Denn, umso öfter du ihm zeigst, dass du seine Kommunikation siehst, verstehst und vor allem auch ernst nimmst, umso besser wird euer Miteinander. Und dir gibt ein NEIN – z.B. wenn es um Sachen wie Fellpflege geht – die Info, dass dein Hund das so nicht schafft oder mag.
Und dann gibt es die Möglichkeit deinen Hund zu unterstützen – in diesem Beispiel z.B. in Form von Medical Training. Gute Trainer:innen, die dich dabei unterstützen findest du hier beim IBH gelistet.

Und um nochmal auf das Thema Hundebegegnungen zurückzukommen. Wenn du bei deinem Hund in einer Hundebegegnung Anzeichen von Meideverhalten oder Stress siehst, dann möchte dein Hund diese Begegnung sehr wahrscheinlich nicht bzw. ist zu aufgeregt, um entspannt in den Kontakt zu gehen. Dann macht es Sinn, die Distanz zum anderen Hund zu vergrößern und dem anderen Hundemenschen mitzuteilen, dass ihr in dem Moment lieber keinen Kontakt möchtet.
Ressourcen

Ein weiterer, wichtiger Punkt ist das Thema Ressourcen. Unseren Hunden sind die verschiedensten Dinge wichtig. Und es ist gut, wenn du die Vorlieben deines Hundes kennst und vor allem auch weißt, was er ggf. verteidigen würde. Auch hier haben wir wieder die Situation, dass wir Menschen SOFORT wissen, was los ist, wenn der Hund knurrt oder gar abschnappt, wenn eine Ressource im Spiel ist.

Aber auch ohne so deutlich werden zu müssen, zeigen Hunde, wenn sie etwas nicht hergeben möchten. Im ersten Schritt sichern sie die Ressource, klappt das nicht, kann es auch zur Verteidigung kommen. Auf der nachfolgenden Zeichnung habe ich dir die wichtigsten Punkte verdeutlicht. Aber wie immer gilt, schau offen auf deinen Hund, denn jeder Hund ist ein Individuum und reagiert ggf. anders.

In Bezug auf Hundebegegnungen bleibt noch zu sagen, dass wenn dein Hund ein Problem mit Ressourcen hat, diese in einer Begegnungssituation nichts zu suchen haben.
Je nach Problematik macht es Sinn, gezielt daran zu trainieren – dazu empfehle ich auf jeden Fall eine gute Hundeschule hier von den IBH-Listen.

Ich könnte noch viel, viel mehr Input zur Körpersprache hier raushauen – aber ich denke, für den Einstieg reicht das erstmal völlig.
Was extrem wichtig ist, wenn du jetzt anfängst, deinen und andere Hunde zu beobachten. Dir muss klar sein, dass du mit den ganzen Hinweisen, die du hier jetzt bekommen hast und weiter sammeln wirst, einen ganz guten Überblick hast. Aber leider gibt es nicht die eine Regel, die besagt: „Das ist IMMER so, wenn…!“

Und deswegen ist es wichtig, dass du immer die gesamte Körpersprache mit einbeziehst, den Kontext und alles, was du sonst noch weißt und dir wichtig erscheint. Und dann wohlwollend interpretierst/vermutest. 

Denn, du kannst dir nie sicher sein, ob du richtig liegst mit deiner Vermutung! Schlichtweg, weil du deinen Hund nicht fragen kannst, ob es stimmt, was du dir da so vorstellst.
Deswegen, bleib offen, hinterfrage deine Vermutungen und unterstelle deinem oder den anderen Hunden, nichts Böses. Und behalte im Hinterkopf, dass du hier eine artfremde Fremdsprache – nämlich HÜNDISCH – versuchst zu verstehen.

Autorin: Christiane Jacobs – sprichhund.de