Mobility &Co – Gesundes Gerätetraining als Angebot in der Hundeschule

Mobility & Co – Gesundes Gerätetraining als Angebot in der Hundeschule

Unter Titeln wie Mobility, Degility ®, MuHuTu (Munteres Hundeturnen) und vielen anderen wird von Physiotherapeuten und Hundeschulen seit Jahren mit steigender Tendenz Gerätetraining für Hunde angeboten. Die vermittelten Inhalte der Angebote weichen dabei teils deutlich voneinander ab, da es sich nicht um eine Sportart mit einheitlichem Regelwerk handelt.

Dennoch haben die Angebote alle eins gemeinsam – im Gegensatz zu Sportarten wie Agility oder Frisbee geht es eher langsam und ruhig zu, ohne aber dabei den Anspruch einer sportlichen Betätigung zu verlieren. Fast immer steht dabei die Gesunderhaltung des Bewegungsapparates und die individuelle Fitness der teilnehmenden Hunde im Vordergrund.

Gehört da nicht eigentlich ein Physiotherapeut dran?

Mit dem Thema „Gesundheit“ findet sich ein Angebot wie Mobility schnell in einem argumentativen Spannungsfeld wieder. Kritiker führen an, dass die Hundegesundheit das Feld von Tierärzten und Physiotherapeuten bleiben muss und Hundetrainer nicht die erforderlichen Kenntnisse für physiotherapeutisch ausgerichtete Angebote besitzen. Allerdings sind aber die Themen Sport und Beschäftigung von jeher in den Hundeschulen und –vereinen beheimatet und wirken sich maßgeblich auf die Gesundheit und das Wohlergehen der Hunde aus. Auch stehen die Gesundheit und das Verhalten eines Hundes untrennbar mit einander im Zusammenhang. Ein qualitativ hochwertiges Hundetraining setzt also im Prinzip voraus, dass sich ein Hundetrainer auch mit der Hundegesundheit und den gesundheitlichen Aspekten seines Trainings auseinandersetzt.

Ein weiteres Argument, warum Mobility in Hundeschulen gehört ist der frühe Zeitpunkt, zu dem den Hundehaltern Wissen und praktische Übungen zur Gesunderhaltung des Bewegungsapparates vermittelt werden kann. Das Mobility-Angebot kann daher einen Beitrag zur Prophylaxe bilden.

Warum ist Mobility für Hundeschulen interessant?

Mobility ist aber nicht nur in gesundheitlicher Hinsicht interessant. Es stellt für Hundeschulen ein Angebot dar, das sich an nahezu alle Hundetypen bis ins hohe Alter hinein richtet und auch für weniger sportliche Hundehalter geeignet ist. Unsichere Hunde profitieren bei entsprechender Anleitung von einem guten Mobility-Training.

Die Zielgruppe ist zum einen also sehr groß und zum anderen sind Mobility-Teilnehmer häufig Langzeitkunden.

Seit ein paar Jahren liegen zudem die Themen Fitness, Balance-Training und Körperbewusstsein im Trend und Hundehalter sind zunehmend bereit, sich einfache Trainingsgeräte auch für zuhause anzuschaffen.

Was wird für Mobility benötigt?

Die meisten Mobility-Elemente sind Übungen mit Geräten. Trotzdem kann die anfängliche Investition meist relativ klein gehalten werden wenn Mobility in einer Hundeschule eingeführt werden soll. So gehören zur Basis-Ausstattung einige Dinge, die in vielen Hundeschulen bereits für Training verwendet werden und nicht extra angeschafft werden müssen. Dazu zählen Pylonen, Stangen, Plattformen sowie ein Bodenlaufsteg. Einiges hiervon kann man kaufen, andere Dingen können oder sollten für Mobility sogar manchmal besser im Eigenbau hergestellt werden.

Wer z. B. auch sehr kleine Hunde wie Dackel, Chihuahua & Co. in seinem Training dabei hat, sollte seine Ausstattung um ein paar selbst gebaute Miniatur-Ausgaben ergänzen.

„Geräte-Varianten für kleine Hunde“

Unterschiedliche Plattformen machen einen wichtigen Teil des Mobility-Parcours aus und werden dabei aufgrund der verschiedenen Hundetypen in verschiedenen Größen und Höhen benötigt. Je nach Material unterscheiden sie sich in Festigkeit, Elastizität und Kippverhalten.

Am wichtigsten ist es zu Anfang feste, flache Plattformen in verschiedenen Größen zur Verfügung zu haben, denn sie eignen sich für Kraft- und Koordinationsübungen aller teilnehmenden Hunde. Solche Plattformen lassen sich kaufen oder mit einfachen Mitteln selber bauen. Eine gute Ergänzung zu diesen stellen dann etwas weichere Plattformen wie Balance-Pads oder Sitz-Auflagen dar. Diese können ebenfalls für fast alle Hunde eingesetzt werden, erfordern aber mehr Kraft und sprechen auch die Tiefenmuskulatur an.

Für Übungen mit einem erhöhten Schwierigkeitsgrad komplettieren aufblasbare Balance-Geräte, wie Balance-Kissen, Halbbälle, Peanuts und ähnliches die Auswahl an Plattformen. Krallentaugliche, aufblasbare Geräte können dabei durchaus ihren Preis haben. Allerdings ist es nicht notwendig von Anfang an alle erdenklichen Varianten dieser Geräte anzuschaffen. Ein mittelgroßes und ein großes Balance-Kissen bieten auch mittelfristig bereits sehr viele Einsatzmöglichkeiten.

„Beispiele für gekaufte und selber gefertigte Plattformen“

Ein rutschfester Bodenlaufsteg komplettiert die Grundausstattung und wird für verschiedene Balance- und Koordinationsübungen eingesetzt. Da er beim Mobility nur bodennah eingesetzt wird, muss er nicht die gleichen selbsttragenden Eigenschaften wir ein Agility-Gerät besitzen. Eigenbauten können im Mobility sogar von Vorteil sein, wenn sie eine etwas breitere Laufplanke besitzen, sodass auch große Rassen und motorisch nicht ganz sichere Hunde auf dieser genügend Platz finden.

Im Laufe der Zeit kann diese Basis-Ausstattung immer weiter ergänzt werden, z. B. um Wackelbretter, Federbretter, weitere Plattformen in unterschiedlichen Formen oder Materialien, Tunnel, Hula-Hoops und vieles mehr.

Was sollte ein Hundetrainer mitbringen, wenn er Mobility-Training anbieten möchte?

Der Mobility-Trainer stellt weder Diagnosen noch erstellt er Therapiepläne!

Für sein Training ist es aber notwendig, dass er nicht nur Schmerzen erkennen kann, sondern auch auch ein Auge für mittelgradige (optimalerweise auch geringgradige) Probleme in Bewegungsabläufen hat und auf diese angemessen reagiert. Darüber hinaus sollte er Grundkenntnisse über die häufigsten Erkrankungen des Bewegungsapparates besitzen und wissen, welche Bewegungsübungen wann auszuschließen sind.
Für die Anleitung der Übungen sollte er mit verschiedenen Führtechniken, Targets und Signalen zur Unterstützung zum Halten von Positionen vertraut sein.

Die Problemfelder können während des Trainings von Team zu Team sehr unterschiedlich sein. Daher gehört es zu den Kernaufgaben des Trainers, die Bewegungsmuster der Hunde und das Handling der Bezugsperson während der Übungen genau zu beobachten und die Aufgaben bei Bedarf anzupassen, z. B. wenn

  • Ein Hund beim Arbeiten auf einem Balance Pad oder einem Balancekissen die Ellenbogen ausstellt
  • Ein Hund beim Stehen mit der Vorderhand auf einem Podest sein Gewicht nicht auf die Hinterhand verlagert
  • Ein Hund beim Heben einer Vorderpfote für den Dreibeinstand mit dem Kopf nach oben oder zur Seite nickt
  • Ein Hund in der Cavalettistraße vom Schritt in den Trab wechselt
„Bei dieser Übung sollte das Setting verändert werden, damit der Hund den Ellenbogen nicht ausstellt.“
„Hier sollte die Übung so verändert werden, dass der Hund mehr Kraft aus der Hinterhand entwickelt.“

Diese Kenntnisse können sich Trainer durch den Besuch von entsprechenden Seminaren und Workshops ihrer Wahl aneignen. Darüber hinaus bieten inzwischen verschiedene Hundetrainer und private Akademien Fortbildungslehrgänge unter Titeln wie z. B. „Gesundheitstrainer“ oder „Fitness-Trainer“ an.


Benötigte Trainerkenntnisse

  • Schmerzerkennung
  • Gangbildanalyse / Bewegungsanalyse
  • Grundkenntnisse über Erkrankungen des Bewegungsapparates
  • Ausschluss-Kriterien für eingesetzte Übungen
  • Kenntnisse über Führtechniken und unterstützende Signale

Planung einer Mobility-Gruppe: Welche Hunde passen zusammen?

Mobility zeichnet sich dadurch aus, dass sich unterschiedliche Ausbildungs- und Leistungsstände auch innerhalb einer Gruppe miteinander in Einklang bringen lassen können, da an einem Gerät Übungen mit ähnlicher Zielsetzung aber unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden gearbeitet werden können. So kann an einem festen, mittelhohen Podest zum Beispiel ein Anfänger-Hund zunächst lernen ruhig mit beiden Vorderpfoten auf diesem zu stehen, während ein fortgeschrittenerer Hund an dieser Station über mehrere Sekunden einen Dreibein-Stand zeigt.

Natürlich gilt auch beim Mobility: Je besser die Hunde einer Gruppe zu einander passen, desto unterbrechungsärmer und harmonischer verläuft das Training.

Eine große Herausforderung kann es sein, Hunde ungleicher Größe in einer Gruppe zu kombinieren. Die Differenz in Bein- und Rückenlänge macht häufig die Verwendung unterschiedlich großer Geräte und unterschiedlicher Abstände zwischen Stangen oder Podesten erforderlich.

In manchen Fällen lassen sich aber auch unterschiedlich große Hunde zu einer gänzlich harmonischen Gruppe zusammenfassen. So zeigen ältere Hunde und Hunde mit Problemen im Bewegungsapparat häufig kürzere Schrittlängen, die dann zu denen kleinerer, jüngerer Hunde passen. Ebenso zeigen Anfänger-Hunde und alte, erfahrene Hunde eine gute Schnittmenge an gemeinsamen Trainingsinhalten, da der Parcours für beide Gruppen vor allem Geräte mit einem einfacheren Schwierigkeitsgrad enthält.

Planung eines Mobility-Parcours: Wie lassen sich Elemente sinnvoll zusammenstellen?

Bei der Auswahl der Trainingselemente sind verschiedene Dinge zu berücksichtigen: Zum einen sollten innerhalb einer Trainingsstunde sinnvollerweise alle drei Bewegungsebenen angesprochen werden, sprich der Hunde sollte Aufgaben gestellt bekommen, die die Bewegungsrichtungen vorwärts/ rückwärts, seitwärts sowie Kreise/ Bögen beinhalten. Zum anderen sollten die Elemente möglichst ausgewogen den gesamten Bewegungsapparat des Hundes ansprechen, sofern es sich nicht um eine Gruppe mit einem bestimmten Themenschwerpunkt handelt.

Ein durchdachter Aufbau der Geräte erleichtert den Stundenablauf und spiegelt den inhaltlichen Aufbau der Trainingsstunde wieder- also von Beweglichkeits- über Koordinationsübungen hin zu Kraft- und Ausdauer-Training.

Basis-Mobility-Parcours für Senioren mit Trainingsstraßen“

Stellt man Geräte so in Themenblöcken immer abwechselnd nebeneinander, entstehen Trainingsstraßen, in denen das gleichzeitige Arbeiten von zwei Hunden im Parcours gut möglich ist.

Dabei entscheidet die Dauer, die ein Team für eine Anzahl an Geräten benötigt darüber, wann der nächste Teilnehmer starten kann. Übungen, die länger dauern stehen in der Reihenfolge besser am Anfang, damit kein Stau im Parcours entstehen kann.

Gestaltung einer Mobility-Stunde

Aufwärmen – ja oder nein? Was tun mit Wartepausen?

Da in einem Parcours maximal ein bis zwei Hunde gleichzeitig arbeiten, entstehen für die anderen Gruppenmitglieder automatisch Wartezeiten. Einerseits stellen diese notwendige Pausen beim Training dar, andererseits werden sie zum Problem wenn der Hundekörper durch das Warten nicht mehr ausreichend auf die körperliche Beanspruchung im Parcours vorbereitet ist.

Eine lange und intensive Aufwärmphase zum Stundenanfang macht daher wenig Sinn. Geschickter ist es, die Kunden zu bitten, direkt vor dem Training eine kleine Runde Gassi am Gelände der Hundeschule zu machen und diese körperliche Vorbereitung während der Trainingsstunde durch permanenten Wechsel kurzer Phasen der Arbeit und der Pausen auf einem guten Niveau zu halten.

Wer Flächen hierzu besitzt, kann die wartenden Teilnehmer auch auf eine ruhige Schnüffeltour während der Wartezeit schicken, sodass sich der Hund langsam weiter bewegt.

Die erste Runde: ein kleiner Check-up für den Trainer

Bevor mit körperlich anstrengenden Übungen begonnen wird, ist es für den Trainer wichtig, sich einen Eindruck von der Tagesform der teilnehmenden Hunde zu verschaffen. Gerade bei der Arbeit mit älteren Hunden und solchen, die gesundheitliche Probleme haben, kann die individuelle Fitness von Trainingsstunde zu Trainingsstunde variieren. Eine standardisierte erste Runde kann dazu dienen, Probleme durch das Beobachten der Bewegungsmuster zu erkennen und die folgenden Trainingsinhalte flexibel daran anzupassen.

Die folgenden Runden:

Der ersten Themenblock lässt sich gut dem Schwerpunkt Koordination widmen, da zu Stundenbeginn die Konzentration und die körperlichen Voraussetzungen hierfür am besten sind.

Ein weiterer Themenblock kann auf Kraft & Ausdauer ausgerichtet sein. Darunter lassen sich gut die Übungen versammeln, bei denen die Hunde über mehrere Sekunden hinweg eine anstrengende Position halten müssen.

Cool Down & Spaßrunde

Zum Ausklang bietet sich eine geleitete Spaßrunde an, bei der jedes Team sich nochmal einzeln im ruhigen Tempo über die Trainingsfläche bewegt und der Hund (!) zwei oder drei Lieblingsgeräte auswählen darf, über die er nochmals drüber läuft oder auf die er sich drauf stellen darf. Die Motivation, die die Hunde dabei zeigen, macht die letzte Runde auch zu einem Fun-Faktor für dessen Menschen.

Denn so langsam es beim Mobility zugehen mag – es hat sich gezeigt, dass Mensch und Hund dabei jede Menge Spaß haben.

Zur Autorin:
Katrin Heimsath arbeitet seit 2006 als Hundetrainerin und leitet das Hundekolleg Münsterland. Ihre Schwerpunkte liegen im Verhaltenstraining und in gesunden Beschäftigungsprogrammen für Hunde. Mit ihren eigenen Hunden erarbeitet sie in ihrer Freizeit besonders gerne Tricks und Balance-Übungen. Daneben haben ihre Hunde jeweils ganz individuelle Hobbies wie Konzept-Training oder Dogdance. Ihre Erfahrungen in Cavaletti- , Balance- und Mobility-Training vermittelt sie auch in einem Seminar-Programm, welches vom ibh e. V. als Fortbildung anerkannt wird.
www.hundekolleg-muensterland.de

Fotos: Katrin Heimsath